Wer von uns kennt das nicht: Endlich ist der langersehnte Urlaub da! Wir brauchen zwar ein paar Tage, bis wir vom Stress der vergangenen Monate runterkommen und anfangen, wirklich zu
entspannen. Aber okay, das kennen wir schon. Es geht uns zusehends besser, wir fühlen uns lebendiger, haben mehr Energie, genießen die Auszeit und gegen Ende des Urlaubs fühlen wir uns erholt.
Dann beginnt die Arbeit wieder - was ist jetzt besser als vor dem Urlaub? Nichts! Spätestens nach einer Woche ist die schöne Erholung weg und wir haben den gleichen Stress wie vorher. Die Pause
vom Alltag hat uns zwar gut getan, aber verändert hat sich dadurch nichts: Die Arbeit ist immer noch zu viel, wir fühlen die selbe Überlastung wie vor dem Urlaub, ärgern uns über die selben Dinge
wie vor dem Urlaub und haben Angst oder Druck wegen der selben Dinge wie vor dem Urlaub. Vielleicht sind wir sogar auf dem besten Weg in einen Burn-out.
Und wir sehnen uns schon nach dem nächsten Urlaub.
Moment mal...
Was machen wir da eigentlich? Ist es vernünftig zu glauben, dass eine Auszeit irgendetwas an unserem Alltag ändert? Eher nicht. Natürlich können wir im Urlaub Spaß haben und Kraft schöpfen. Aber
Kraft wofür? Um dann den Alltag nach dem Urlaub wieder besser auszuhalten? Das funktioniert offensichtlich nicht, denn die wiedergewonnene Kraft reicht bei den meisten gerade mal für eine Woche
Alltag.
Das kann's also nicht sein. Was dann?
Ich glaube, dass wir Urlaub als Chance nutzen sollten - natürlich zum Kraftschöpfen, aber vor allem zum Innehalten und um Veränderungen einzuleiten.
Innehalten
Im Urlaub können wir den Kopf dafür freibekommen, um unser Leben zu betrachten: Was läuft schief? Was ist unangenehm? Was stresst mich? Warum genau stresst es mich? Wir können stressige
Situationen in ihre Einzelteile zerlegen und herausfinden, was genau uns daran stresst. Das kann man tun, indem man einfach nachdenkt. Oder mit der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner spricht.
Manche bekommen ihre Erkenntnisse, indem sie einfach durch den Wald spazieren und ihre Gedanken strömen lassen. Ich betrachte mein Leben gerne, indem ich in mein schönes schwarzes Moleskine-Heft
schreibe, zeichne, skizziere. Ich nehme mir dafür fast jeden Tag im Urlaub etwa eine halbe Stunde Zeit. Dadurch kann ein Denkprozess in Gang kommen, der sich von Tag zu Tag weiterentwickelt. Nach
ein paar Tagen weiß ich wieder ein großes Stück mehr darüber Bescheid, woher mein Stress kommt.
Veränderungen einleiten
Unsere Erkenntnisse alleine können schon bewirken, dass wir in Zukunft Situationen anders betrachten und uns anders, konstruktiver verhalten. Aber die Kraft unserer Erkenntnisse entfaltet sich
meist erst, wenn wir uns konkret - dieses Wort ist wichtig: konkret! - vornehmen, was wir nach dem Urlaub anders machen wollen. Je genauer uns klar geworden ist, was genau uns Stress macht, umso
leichter kommen wir auf Ideen, wie wir etwas zum Guten verändern können.
Und wir können alle etwas verändern! Manche mehr, manche weniger - es geht darum, unsere Spielräume zu erkennen und zu nutzen. Dabei geht es oft gar nicht darum, das ganze Leben umzukrempeln. Es
sind oft schon Kleinigkeiten, die uns das Leben etwas leichter machen. Nur ein paar Beispiele:
- Ist ein Teil unserer Belastung vielleicht unsere übervolle Email-Inbox? Wie wäre es, alte Emails, die wir sowieso nicht mehr bearbeiten werden, ins Archiv zu verschieben und mit einer leeren Inbox weiterzumachen? Vielleicht können wir die Menge eingehender Emails reduzieren, indem wir Newsletter kündigen, nicht immer gleich an den großen Verteiler senden (denn das produziert viele, viele Antworten). Oder, anstatt immer sofort auf jede eingehende Email zu reagieren und somit ziemlich fremdgesteuert zu sein, sich feste Zeiten einzurichten, in denen wir eingegangene Emails im Block bearbeiten.
- Wenn wir zu viel zu tun haben - vielleicht sollten wir öfter mal "Nein" sagen? Können wir ein Projekt abgeben oder Aufgaben delegieren? Gibt es Dinge, die wir in Zukunft grundsätzlich nicht mehr tun wollen, weil sie uns nicht mehr interessieren und nur noch Arbeit verursachen, aber keinen Nutzen für uns haben? Was ich hier in wenigen Sätzen anrege, dazu gibt es ganze Bücher, z.B. von Ivan Blatter: "Arbeite klüger - nicht härter!". Oder suchen Sie im Internet mal nach dem Begriff "Not-to-do-Liste".
- Vielleicht stresst uns unser Bewegungsmangel - können wir mit dem Rad zur Arbeit fahren? Die Treppe nehmen statt Aufzug zu fahren? Eine Station vorher aus dem Bus aussteigen und den Rest zu Fuß gehen? Ein bisschen früher Feierabend machen, um noch eine kleine Runde zu laufen? Ideen für mehr Bewegung, die man in den Alltag integrieren kann, gibt z.B. das Buch von Vivien Suchert: "Sitzen ist fürn Arsch".
Es können auch größere Brocken sein, die uns belasten. Dann können auch große Maßnahmen nötig sein - und um die sollten wir uns dann auch kümmern, wenn wir nicht noch jahrelang darunter leiden
wollen:
- Wenn ich mit jemandem regelmäßig Stress habe, kann ich vielleicht ein klärendes Gespräch suchen, das die Sache aus der Welt schafft. Oder ich schaue, was mein Beitrag zur Situation ist, denn meinen eigenen Anteil kann ich ändern, indem ich klarer und empathischer kommunizere. Dazu kann es hilfreich sein, sich mit Gewaltfreier Kommunikation zu befassen, mal ein Buch dazu zu lesen oder einen Einführungskurs zu besuchen.
- Wenn ich Ängste habe, die mir das Leben schwer machen, kann mir vornehmen, dieses Thema endlich anzugehen und mir nach dem Urlaub professionelle Hilfe zu holen, etwa beim Homöopathen oder beim Psychotherapeuten.
- Wenn ich das Gefühl habe, immer nur Pflichten zu erfüllen und meinen Herzenswünschen nicht mehr zu folgen, kann ich mir konkret Zeit dafür freischaufeln, um nach dem Urlaub (wieder) etwas Schönes zu beginnen: z.B. Gesangsunterricht nehmen, einem Chor beitreten, einen Zeichenkurs machen, am Wochenende wandern, ein Retreat im Zen-Kloster buchen, aktiv beim Bund Naturschutz oder bei Greenpeace mitmachen, eine neue Ausbildung beginnen - was auch immer! Der Blogger und Mutmacher Mischa Miltenberger hat dazu in seinem Blog viel Aufbauendes geschrieben.
- Vielleicht stellt sich auch heraus, dass mein Job nicht passt. Dann sollte ich darüber nachdenken, was ich an meinem Job ändern oder ob und wie ich in einen neuen Job wechseln kann.
Dies sind nur ein paar Beispiele für Dinge, die uns den Alltag so richtig schwer machen können. Egal, ob kleine Nervtöter, mittelgroße Stressmacher oder große Lebensthemen - wir sollten sie
angehen! Denn wenn wir nichts ändern, ändert sich nichts!
Vielleicht nützt Urlaub ja doch...
Wenn wir im Urlaub mal so richtig aus dem Alltag draussen sind, befreit von den täglichen Pflichten, und vielleicht sogar verreisen, dann kann sich unsere Perspektive auf unser Leben verändern.
Das gibt uns die Chance, unsere Situation zu betrachten, Probleme zu erkennen und kleine oder große Lösungsansätze zu finden, die wir nach dem Urlaub umsetzen können. Zumindest können wir damit
anfangen. Wir können uns konkret vornehmen, welche Gewohnheiten wir verändern, auf welche Situationen wir Einfluss nehmen, wo wir uns anders verhalten und wo wir vielleicht auch unsere Gefühle
und Reaktionen nochmal mit professioneller Hilfe anschauen wollen. Wenn wir das tun, wenn wir also im Urlaub beginnen, aktiv an den kleinen und großen Stellschrauben unseres Alltags zu drehen,
dann haben wir eine Chance, dass es nach dem Urlaub für uns besser weitergeht als vorher.
Und dann ist alles gut oder wie?
Nein, dann ist noch nicht alles gut. Veränderungen machen unser Leben nicht auf einen Schlag zum Paradies. Veränderung passiert in kleinen Schritten. Kleine Gewohnheiten kann man über Wochen
ändern, aber große Themen können Jahre brauchen. Das klingt schrecklich lange, aber mit jedem kleinen Schritt, den wir gehen, reduzieren wir unseren Stress ein kleines bisschen. Es wird auch
Rückfälle geben, das ist normal. Aber meine Erfahrung ist: Es lohnt sich, den Urlaub zum Reflektieren zu benutzen und sich kleine Veränderungen für die Zeit danach vorzunehmen. Mein Leben ist
dadurch besser geworden, und zwar sehr viel besser.
Urlaub liebe ich immer noch. Aber die Zeit zwischen den Urlauben auch.
Autor: Markus Dankesreiter, Heilpraktiker in Regensburg.
Spezialisiert auf Klassische Homöopathie, Genuine Homöopathie, Predictive Homoeopathy.
SHZ-akkreditierte Ausbildung in Homöopathie.
Praxiserfahrung seit 2012.
Abgeschlossenes Studium der Physik (Diplom).
Das könnte Sie auch interessieren:
Mental gesund durch die Corona-Krise
Ihr Arzt hat keine Zeit für Sie? Dann gehen Sie zum Heilpraktiker!